Wie im allersten Blogbeitrag beschrieben möchte ich hier ein wenig aus dem Kanzleialltag berichten und zeigen, was Steuerberatung in der Realität bedeutet. Daher startet mit diesem Beitrag die Serie zum Kanzleialltag mit Folge 1. In den ersten Folgen wird es um das Grundgerüst des Steuerrechts und einer jeden Kanzlei gehen: Die Buchführung (auch Finanzbuchhaltung genannt). In den kommenden Folgen wird es also schwerpunktmäßig um die Buchführung von Unternehmen gehen und wir folgen dem typischen Ablauf in der Kanzlei: Vom Beleg zur Buchung zum Monatsabschluss zum Jahresabschluss.
Einleitung
Jeder, der schon einmal etwas zur Buchführung gehört hat, wird diesen Satz kennen: "Keine Buchung ohne Beleg". Der Beleg ist also die Grundlage für die gesamte Buchführung eines Unternehmens. Dies gilt unabhängig davon, wie der Gewinn ermittelt wird (Bilanzierung oder Einnahmen-Überschuss-Rechnung). Die Verpflichtung hierzu ergibt sich insbesondere aus dem Handelsgesetzbuch (HGB) und den Steuergesetzen (insbesondere dem Einkommensteuergesetz (EStG). Welche Regelungen hier existieren und wer genau zur Büchführung verpflichtet ist, dazu mehr in Folge 2 dieser Serie.
Für den heutigen Blog soll es ausreichend sein zu wissen, dass wir in der Kanzlei unbedingt die Belege, wie z.B. Eingangs- und Ausgangsrechnungen, Quittungen, Kontoauszüge, etc., benötigen, um die Buchführung überhaupt erstellen zu können. Kurz gesagt: Kein Beleg = Keine Buchung = Keine Berücksichtigung.
Wie kommen wir nun an die entsprechenden Unterlagen? Ganz einfach: Dank unserer Mandanten. Üblicherweise erhalten wir die Unterlagen des Vormonats zu Beginn des laufenden Monats, sprich Anfang August erhalten wir die Unterlagen für Juli. Das dies am Anfang geschehen muss, ist weitestgehend der Umsatzsteuer und Lohnsteuer geschuldet. Hintergrund: Bis zum 10. Tag des Folgemonats müssen die entsprechenden Steuer-anmeldungen beim Finanzamt eingereicht werden. Heißt: Frist für Juli ist grundsätzlich der 10. August. (Dauerfristverlängerung für Umsatzsteuer sei hier mal ausgeklammert).
Ergo: Die Mandanten übersenden uns all ihre Belege des Vormonats...und hier beginnt es schon spannend zu werden: Es gibt viele verschiedene Wege der Bereitstellung und dies soll heute auch der Schwerpunkt werden. Jeder Mandant ist anders und insbesondere die Anzahl der Belege variiert stark. Dies wird unter anderem beeinflusst durch die Größe des Mandanten und die Branche, in der er tätig ist...von wenigen Belegen mit hohen Begrägen zu vielen Belegen mit kleinen Begträgen ist hier alles vertreten. Wir beginnen mit analogen Belege (sprich: Papier) und anschließend zu digitalen Belegen...und es wird in der Reihen-folge von "Horror" bis "Traum" vorgegangen, sodass wir nun mit dem Albtraum eines jeden Steuerberaters starten...dem "Schuhkarton".
Analoge Belege
Unsortierte Belegsammlung aka "der Schuhkarton"
Es gilt ein wenig als Mythos, ist aber weiterhin in der Praxis anzutreffen, wie ich von Kollegen weiß: Der Mandant bringt seine Monatsbelege vollkommen unsortiert und ungeordnet in die Kanzlei...sei es in einer Klarsichthülle oder in einer Box oder in dem namensgebenden Schuhkarton. Wohlwollend könnte man dem Mandanten eine "chaotische Belegführung" attestieren, aber für uns Steuerberater ein absoluter Graus und unnötige Arbeit.
In diesen Fällen ist die erste Aufgabe, die Belege vor der weiteren Bearbeitung nach Art des Beleges und nach Datum zu sortieren und eine Ordnung zu schaffen. Wenig überraschend: Dies kann sehr zeitaufwändig sein und schafft überhaupt keinen Mehrwertm sondern erzeugt angesichts der Fristen nur Stress für den Steuerberater. Ganz im Gegenteil: Der Steuerberater kann hierfür durchaus eine zusätzliche Gebühr in Rechnung stellen, sodass der Mandant für die aufgewendete Zeit bezahlen muss...was ganz schnell unnötig teuer werden kann und vermeidbare Kosten darstellt.
Daher gilt: Wer Geld und Zeit sparen möchte: Keinen Schuhkarton, sondern lieber eine der folgenden Methoden mit dem Steuerberater abstimmen.
Sortierte Belegsammlung aka "der Pendelordner"
Vor der Digitalisierung der Arbeitswelt war dies der (Gold-)Standard für Kanzleien. Der Mandant bringt seine Belege sortiert und geordnet in der Kanzlei vorbei bzw. verschickt diese per Post. Im Idealfall sogar gegliedert nach Belegart in einem Ordner, was häufig bereits vom Steuerberater so vorbereitet wurde. Hiermit können wir in der Kanzlei direkt mit dem Vorkontieren beginnen und relativ zügig in die Buchführung einsteigen. Was "Vorkontierung" bedeutet, dazu mehr in Folge 2.
Nach Abschluss der Buchführung wird der Inhalt des Ordners entweder umgeheftet in einen Ordner in der Kanzlei oder wieder zurück an den Mandanten geschickt, je nachdem wer die Belege aufbewahrt. Und da dieser Ordner monatlich zwischen Kanzlei und Mandant hin und her pendelt ergibt sich auch der Name "Pendelordner". Heutzutage sei gesagt, dass wir die Belege in der Kanzlei grundsätzlich einscannen und speichern, wodurch der Pendelordner tendenziell lästig ist und für unsere Arbeit überflüssig ist.
Heutzutage eine fast schon veraltete Methode, die in modernen Kanzleien nur noch selten anzutreffen ist. In meiner Kanzlei gibt es keine Pendelordner, da ich vollständig digital arbeite. Nur in größten Ausnahmefällen kann es noch vorkommen, dass ein Mandant so arbeitet und gerne unterstützten wir unsere Mandaten dabei, von dieser Form der Belegsammlung wegzukommen und hingegen einen digitalen Weg einzuschlagen. Apropos digital, hier nun die Varianten der digitalen Belegführung.
Digitale Belege
Belegaustausch via E-Mail oder Datenraum
Der wohl häufigste Fall in meiner Kanzlei und sozusagen der Standard. Die Mandaten scannen alle Belege und stellen sie uns als PDF-Dateien zu Monatsbeginn zur Verfügung. Wie gut diese sortiert sind variiert stark, aber unsere Empfehlung bzw. Bitte an die Mandanten lautet: Jeden Beleg einzeln scannen und schicken. Andernfalls müssen wir die Belege aus dem PDF heraustrennen, was zusätzliche Arbeit bedeutet.
Basierend auf den PDF-Dateien können wir quasi direkt in die Buchführung einsteigen, ohne zusätzlichen Aufwand betreiben zu müssen. Auch die Überprüfung der Belege (ja, auch das machen wir) geht so leichter von der Hand und ist ortsunabhängig möglich...ein Segen heutzutage und ein wichtiger Punkt der modernen Arbeitswelt.
Einziges Problem, was sich hier ergeben kann: Bei einer größeren Anzahl an Belegen werden die E-Mail Anhänge sehr schnell sehr groß und müssen unter Umständen auf mehrere Mails aufgeteilt werden. Abhilfe schafft hier die Einrichtung eines gemeinsamen Datenraums (z.B. über Microsoft OneDrive), wo der Mandant die Dokumente einstellt und wir diese downloaden können. Hierdurch können auch größere Datenmengen gut, sortiert und übersichtlich ausgetauscht werden.
Und wenn man schon beim Datenraum angelangt ist, dann ist der Sprung zum Nonplusultra gar nicht mehr weit: Dem direkten Belegaustausch über eine Schnittstelle.
Belegaustausch via Schnittstelle
Dies ist quasi die ideale Variante für eine hohe Anzahl an Belegen: Der Mandant scannt die Belege und stellt sie direkt in einer Schnittstelle bzw. einem entsprechend angebundenen Portal zur Verfügung. Der Steuerberater kann diese dann direkt in das Buchführungs-programm importieren und direkt verarbeiten und buchen. Zusätzlich kann ein Mandant, der selbst Erfahrung in Buchführung hat, hier schon einmal erste Informationen selbst eintragen und somit den Steuerberater unterstützen und entlasten. Buchführung per Knopfdruck, quasi.
Da wir in der Kanzlei mit DATEV arbeiten, bietet sich hier besonders "DATEV Unternehmen Online" an (https://www.datev.de/web/de/loesungen/unternehmer/rechnungswesen/datev-unternehmen-online/ ). Mit der integrierten Zeichenerkennung (OCR) können die wichtigsten Beleginformationen sogar vollautomatisch erfasst werden, sodass kein manueller Eingriff erforderlich wird...eine bessere Compliance gibt es nicht. Aber auch andere Lösungen wie z.B. der Steuerberaterzugang von Lexoffice (https://www.lexoffice.de/) stellen eine gute Lösung dar, mit der wir Steuerberater die Buchführung leicht erledigen können und uns die Arbeit erleichtert, sodass wir uns auf Ihr Business konzentieren können.
Fazit
Der Eingang und die Erfassung von Belegen ist ein typischer "Zeitfresser" in der Kanzlei, der jedoch eine wesentliche Grundlage für alles andere darstellt. Insoweit ist es ein elementarer Bestandteil sowohl für Steuerberater als auch Mandant die Belege so schnell und so automatisiert und digital wie möglich zu übermitteln. Gerne unterstützen wir bei der Einführung eines digitalen Belegaustauschs oder der Einführung entsprechender Schnittstellen.
Nachdem es in dieser Folge darum ging, wie wir in der Kanzlei die Belege erhalten, wird es in der nächsten Folge dann darum gehen was mit den Belegen geschieht und warum die Büchführung für Mandanten zwingend erforderlich ist.
Liebe Grüße aus dem Ruhrgebiet
Dennis Appelhoff
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